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Vergleich des Pfandrechts als Sicherungsmittel nach belgischem und deutschem Recht

Vergleich des Pfandrechts als Sicherungsmittel nach belgischem und deutschem Recht

Rechtsanwalt David Diris / Rechtsreferendarin Sabine Laubenthal

 

Vergleicht man das Pfandrecht als Sicherungsmittel nach belgischem und deutschem Recht, stellt man einige Unterschiede fest. Durch eine zum 1.1.2018 in Kraft getretene Gesetzesänderung hat das belgische Recht ein Pfandregister geschaffen und dadurch die Sicherungsmöglichkeiten erweitert. Für Verbraucher gelten teils Sondervorschriften wie etwa verschärfte Formanforderungen, auf die hier nicht weiter eingegangen wird. Nach einer kurzen Darstellung der jeweiligen Rechtslage wird ein Vergleich zwischen den beiden Rechtssystemen gezogen.

 

I. Rechtslage in Deutschland

In Deutschland wird das Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten durch die §§ 1204 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (im Folgenden: BGB) geregelt. Zur Bestellung eines Pfandrechts an beweglichen Sachen ist neben einer Einigung gemäß § 1205 BGB erforderlich, dass die Sache übergeben wird. Daher handelt es sich bei dem Pfandrecht an beweglichen Sachen nach deutschem Recht um ein sogenanntes Faustpfandrecht. Der Verpfänder muss die Sache demgemäß aus der Hand geben und kann sie nicht weiter nutzen. Auf der anderen Seite muss der Pfandgläubiger für die Verwahrung der Sache sorgen (vgl. § 1215 BGB). Diese Umstände können eine Verpfändung unattraktiv machen.

Weil die Weggabe der Sache und die damit einhergehende Nichtnutzbarkeit in der Regel erhebliche Nachteile für den Verpfänder bewirken, wird bei der Anwendung deutschen Rechts als Sicherungsmittel vornehmlich auf die sogenannte Sicherungsübereignung zurückgegriffen, die gesetzlich nicht geregelt ist. Dabei wird die Sache gemäß den §§ 929 Satz 1 und 930 BGB an den Sicherungsnehmer übereignet. Der Eigentumswechsel verläuft ohne eine Übergabe der Sache, da zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer eine sogenannte Sicherungsabrede vereinbart wird, die festlegt, dass der Sicherungsnehmer mittelbarer Besitzer der Sache im Sinne des § 868 BGB wird. Der Sicherungsgeber kann die Sache also behalten und weiter nutzen. Fällt der Sicherungszweck weg, so muss der Sicherungsnehmer die Sache rückübereignen.

Somit stellt die Sicherungsübereignung nach deutschem Recht das deutlich häufiger genutzte Sicherungsmittel im Vergleich zur Verpfändung beweglicher Sachen dar.

 

II. Rechtslage in Belgien

  1. Vor dem 1.1.2018

Vor der Gesetzesänderung war dem belgischen Recht das Pfandrecht (gage / pandrecht) an Sachen in ähnlicher Weise wie dem dargestellten deutschen Faustpfandrecht bekannt (vgl. Artikel 1er, 7 alinéa 1er, 10, 43 alinéa 1er des Gesetzes vom 11. Juli 2013 über die beweglichen Realsicherheiten (im Folgenden: Pfandgesetz)). Folglich musste die Sache dem Pfandgläubiger übergeben werden. Eine Art Sicherungsübereignung, wie sie die deutsche Rechtspraxis verwendet und die das Behalten der Sache ermöglicht, war nach belgischem Recht nicht möglich.

  1. Seit dem 1.1.2018

Dies hat sich durch die Einführung des Pfandregisters (sog. registre des gages / pandregister) zum 1.1.2018 geändert. Maßgebliche gesetzliche Grundlagen sind zum einen die Loi du 11 juillet 2013 sur les sûretés réelles mobilières / Zakelijke zekerheden op roerende goederen (Pfandgesetz) sowie zum anderen der Arrêté royal du 14 septembre 2017 concernant l’utilisation de Registre national des Gages / Koninklijk besluit van het gebruik van het Nationaal Pandregister (im Folgenden: Pfandregisterverordnung). Es sei darauf hingewiesen, dass ein neuntes Buch zum belgischen Code civil über das Recht der Sicherheiten (Les sûretés / Zekerheden) in Arbeit ist.

Wird das Pfandrecht in das Pfandregister eingetragen, so muss keine Übergabe der verpfändeten Sache erfolgen und die Sache kann wie gehabt verwendet werden. Somit ist bei Eintragung in das Pfandregister ein besitzloses Pfandrecht möglich, das sogenannte Registerpfand (gage de registre). Daneben bleibt die Option des Faustpfandrechts mit Übergabe der Sache bestehen (gage avec dépossession).

  1. Das Pfandregister

Das Pfandregister wird verwaltet durch die Generalverwaltung Vermögensdokumentation des Föderalen Öffentlichen Dienstes Finanzen (FÖD), vgl. Art. 26 Pfandgesetz. Es ist online einsehbar unter https://pandregister.minfin.fgov.be/languageSelection.27829f0e.html, wobei je eine französische und eine niederländische Sprachversion zur Verfügung stehen. Die Konsultierung des Pfandregisters sowie die Registrierung, Änderung, Streichung und Erneuerung von Rechten sind gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühren kann unter https://finanzen.belgium.be/de/E-services/pfandregister/faq#q34 eingesehen werden. Eine Konsultierung etwa kostet 6 € und die Registrierung eines Pfandrechts kostet – in Abhängigkeit von der Höhe der besicherten Forderung – maximal 518 €, wobei demnächst eine Erhöhung der Gebühren zu erwarten ist (vgl. Art. 16 Pfandregisterverordnung).

Die Eintragung der Sicherheiten erfolgt durch den Sicherungsnehmer, der den Sicherungsgeber darüber zu informieren hat (Art. 29 § 1er Pfandgesetz). Letzterer hat den Eintrag selbst zu kontrollieren; eine unabhängige Kontrollinstanz gibt es nicht.

 

III. Vergleich der Rechtssysteme

  1. Pfandrecht

Durch die Einführung des Registerpfandrechts in Belgien haben sich die Sicherungsmöglichkeiten nach belgischem und deutschem Recht angenähert, auch wenn sie unterschiedlich ausgestaltet sind. Beide Rechtsordnungen ermöglichen die Sicherung einer Forderung durch eine Sache ohne Übergabe dieser Sache. Während nach deutschem Recht Sicherungsübereignungen vorgenommen werden, die sich nicht nach den Vorschriften über das Pfandrecht richten und die gesetzlich nicht explizit geregelt sind, sieht das belgische Recht eine Eintragung im Pfandregister vor. Zwar lassen sich Registerpfandrechte auch dem deutschen Recht entnehmen. Sie beschränken sich aber auf Verpfändungen nach speziellen Gesetzen wie etwa dem Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken. Im belgischen Recht hingegen bilden Schiffe und eingetragene Gebäude die umgekehrte Ausnahme: Sie können nach Art. 7 alinéa 1er Pfandgesetz nicht im Pfandregister verzeichnet werden.

Registerpfandrechte nach belgischem Recht bieten demnach ein hohes Maß an Rechtssicherheit.

Die durch das Pfandrecht zu sichernde Hauptverbindlichkeit kann nach beiden Rechtsordnungen eine zukünftige Forderung sein, solange diese bereits bei der Pfandbestellung bestimmt oder bestimmbar ist (§ 1204 Absatz 2 BGB / Artikel 10 Pfandgesetz).

  1. Forderungspfändung

Die Forderungspfändung – also die Pfändung einer Forderung zur Sicherung einer anderen Forderung – richtet sich im belgischen Recht nach den Artt. 60-68 Pfandgesetz. Zu Beweiszwecken ist eine Verschriftlichung dringend zu empfehlen. Sie ist für die Wirksamkeit der Pfändung aber nicht konstitutiv. Eine Eintragung im Pfandregister ist bei Forderungspfändungen nicht möglich (Art. 15 alinéa 2 Pfandgesetz). Art. 62 Pfandgesetz schreibt in Bezug auf Sicherungsabtretungen vor, dass sie dem Zessionar lediglich ein Pfandrecht an der abgetretenen Forderung verleihen, so dass sie im Prinzip kein eigenes Sicherungsinstrument darstellen.

Die Forderungspfändung wird im deutschen Recht von den §§ 1279 ff. BGB geregelt. Sicherungsabtretungen richten sich nach den Regeln der §§ 398 ff. BGB und sind ein von der Forderungspfändung zu unterscheidendes eigenes Rechtsinstitut, von dem wesentlich häufiger Gebrauch gemacht wird. Nachteil der Forderungspfändung ist zum einen, dass gemäß § 1280 BGB eine Anzeige der Verpfändung an den Schuldner zur Wirksamkeit des Geschäfts erfolgen muss. Zum anderen hat der Schuldner gemäß § 1281 Satz 1 BGB an Pfandgläubiger und Zessionar gemeinschaftlich zu leisten. Daher liegt oftmals ein Rückgriff auf die Sicherungsabtretung nahe.

Das belgische Recht ist hinsichtlich Forderungen als Sicherungsmittel also etwas unflexibler als das deutsche Recht. Nach beiden Rechtsordnungen ist ein Registereintrag nicht möglich.

  1. Eigentumsvorbehalt

Ein bislang in diesem Beitrag noch nicht angesprochenes weiteres Sicherungsmittel ist der Eigentumsvorbehalt. Auch er wird im Pfandgesetz neu geregelt. Durch das Gesetz werden die bisher bestehenden Regelungen zum Eigentumsvorbehalt präzisiert und von einem Spezialgesetz in ein allgemeineres Gesetz verschoben. Eine Eintragung im Pfandregister ist nicht erforderlich, aber möglich. Für den Fall, dass die verkaufte Sache mit einer Sache verbunden und dadurch unbeweglich wird, schützt eine Eintragung vor dem Verlust des Eigentums (Art. 71 Pfandgesetz). In Deutschland ist eine Eintragung eines Eigentumsvorbehalts (vgl. § 449 BGB) in ein Register hingegen nicht vorgesehen.

 

IV. Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich praktisch gesehen durch die Gesetzesänderung zum 1.1.2018 das belgische dem deutschen Sicherungsrecht angenähert hat, indem sich das Registerpfandrecht und die Sicherheitsübereignung ebenso wie der Eigentumsvorbehalt fortan ähnlicher sind. Das für Rechtssicherheit sorgende Pfandregister stellt eine Besonderheit des belgischen Rechts gegenüber dem deutschen Recht dar.

 

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